Dienstag, 3. März 2015

DIY Roboter-Selbstbausätze

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DIY Roboter-Selbstbausätze
(DIY = Do It Yourself)
am 4. Februar 2015
Im Rahmen der “We are Makers” Veranstaltungsreihe bei den Medialen Pfaden

Text Peggy Sylopp
Meine Freundin Claudia Becker, digitale Vordenkerin bei der Kinder- und Jungendstiftung, wurde von “Mediale Pfade” eingeladen, einen “DIY-Roboter-Selbstbausätze” Workshop im Rahmen der “We are makers” Reihe durch zu führen. Da es ihr an praktischer Erfahrung fehlt, fragte sich mich, ob wir die Veranstaltung gemeinsam stemmen wollten. Das tat ich gerne.
WeAreMakers
Erst im Novmber 2014 lernte ich die “Mediale Pfade” bei “Raspberry Pi und mobile Gaming” im Rahmen der “We are Makers” – Veranstaltungsreihe kennen. Spontan konnte ich bei der Installation des Betriebssystems für den Raspberry aushelfen, was die gesamte praktische Workshopzeit in Anspruch nahm. Inspiriert von lustigen Youtube-Videos formulierten die anwesenden Medienpädagog*innen Ideen für Raspberry Pi Anwendungen. Freilich fehlt es den ambitionierten Teilnehmenden und Gastgeber*innen die notwendige praktische Kompetenz zur Umsetzung. Aber zurück zu den Roboter-Selbstausätzen.
Claudia und ich kamen überein, dass wir Stationen mit verschiedenen Bausätzen aufbauen würden, die den Gästen zum Probieren und Mitmachen zur Verfügung stünden. Hier die Bausätze, die wir zum Vergleich vorstellten:

Das Solarsoundmodule – ein “Klassiker” aus den Medienkunst-Bastelszene
Das Solarsoundmodul, entwickelt 1996 von dem Künstler Ralf Schreiber, ist ein “Klassiker” aus der elektronisch-experimentellen Soundkunstszene. Der minimale Open Source-Roboter aus neun Teilen basiert auf instabilen Schaltzuständen, die einen Piezo-Lautsprechner zu verschiedenen, nicht vorhersehbaren Sounds bringen, die an Insekten oder Vögelgewzwitscher erinnern.
Solarsoundmodule_mit-blueten
Die Orientierung an einer unformalen Bleistiftzeichnung macht den praktischen Einstieg in das Löten des Bausatzes einfach. Das Hintergrundwissen vermittelt sich über die Rückfragen. Nach etwa zwei Stunden Löten ist das Solarsoundmodul fertig und fängt ohne weiteres Zutun bei ausreichender Lichteinstrahlung an zu tönen. Zielgruppe von Workshops sind elektronik-Interessierte Laien wie Kunststudierende oder analog arbeitende Klangkünstler*innen. Aber auch Teilnehmende vom Girl*s Day an der TU können Spaß am Löten des Moduls haben, wie ich schon beobachten durfte.
(Preis Bauteile: rund 10,- Euro)
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Der Pentabug – Löten und Programmieren für Jung- und Althacker
Der Pentabug ist eine Freizeit-Entwicklung von Chaos macht Schule Dresden, eine Initiative des Chaos Computer Clubs. Der Bug ist minimal angelegt und vielfach als Workshop in Kontext von Hacker-Events wie dem den Chaos Communication Congress angegeliederten Junghackertag mit Kindern ab 5 Jahren erprobt. Der Pentabug ist mit einem kleinen Motor ausgestattet, getriggert durch Geräsuche oder Licht bringt dieser den Bug zum vibrieren, wodurch er sich auf seinen angeklebten Stöckchen nach vorne bewegt.
Pentabug
Der Pentabug basiert auf einem Atmel AVR-Mikrocontroller, der wegen seinem einfachen internen Aufbaus und leichten Programmierbarkeit gerne von Hobby-Programmierer*innen verwendet wird. Die 25 elektronischen Teile werden aufgelötet, ein Preset von Programmen wird mit einem Programmer auf den Mikontroller mittels eines Programmers über eine spezielle Schnittstelle kompiliert und überspielt, also “geflasht”. Hierzu wird spezielle Hard- und Software benötigt, für Laien ist das Setup leider nicht ohne längere Einarbeitung machbar. Deshalb wurde beispielsweise auf dem 31C3 (31. Chaos Communication Congress) 2014 ein Raspberry Pi (minimaler Einplatinencomputer) mit mit dem entsprechenden Setup verwendet, bei dem mit einfachen Knopfdruck das Programm überspielt werden konnte.
Der einfache, kleine Pentabug, der so viel kann, ist für Grundschulkinder ein faszinierenden Objekt zum Löten und Entdecken.
(Selbskostenpreis: rund 15,- Euro)
Pentabug_Datenspuren2012_00_small

Pi2Go – eine Robotererweiterung des in den UK in Schulen breit eingesetzten Raspberry Pi
Der Pi2Go kann ist mit Motoren, Abstands- und Lichtsensoren ausgestattet und kann sich somit selbständig durch den Raum gewegen, einer Linie folgen, von Licht gesteuert werden, etc. Das Bauset kommt von 4tronix aus England und ist hierzulande noch unbekannt.
Die 53 Bauteile können schon gelötet bestellt werden, was für Laien empfehlenswert ist, das die bei der Anzahl eine hohe Fehlerwahrscheinlichkeit besteht. Ein Raspberry Pi wird aufgesteckt, durch der Pi2Go zu einem vollumfänglichen Computer wird. Der Raspberry ist ein Scheckkarten-großer Einplatinencomputer, die in den UK als Open Source Projekt speziell für Bildungszwecke entwickelt wurde. So kann der Pi2Go alles, was beispielsweise auch die in Deutschland bekannten Lego Mindstorms können, die um ein vielfaches mehr kosten.
Pi2Go2
Als Programmiersprache dient die leicht zugängliche, standardmäßig auf dem Pi installierte Skriptsprache Python mit einer speziellen Pi2Go Erweiterung. Auch soll die Kinder-Programmiersprache Scratch die Kontrolle der Roboterbewegungen ermöglichen, leider tut sie das noch nicht stabil. Auf dem Kidspace des 31C3 malte ich mit Vorschulkindern die Linien und optimierte mit ihnen die Roboterbewegungen. Der kleine Roboter mit seinen schnüffelnden Bewegungen beim Linien finden ist bezaubernd.
(Preis: 45,- Euro plus Raspberry Pi 35,- Euro)

MaKey Makey – mit Obst Computer Spielen
Das MaKey Makey besticht durch die einfache Habung. Die hübsche Platine ist nicht wirklich ein Roboterbausatz, sondern vielmehr eine Schnittstelle, die einzelne Tastaturbefehle erstetzen kann. Sie wurde am MIT von Studenten des Lifelong Kindergarden als Kickstarter Projekt entwickelt. Per USB wird das MaKey MaKey an den Computer angeschlossen. Mit Klemmen wird sie an ein leitenden Objekten, wie Obst es ist, befestigt, so dass jedes Stück Obst z.B. eine Pfeiltaste ersetzt. So kann (fast) per Plug und Play mit Obst am Computer gespielt werden :-)
makeyMakey002
Eingesetzt werden kann das MaKey MaKey überall, beim Lifelong Kindergarten am MIT (Massachusetts Institute of Technology) beispielsweise für Family Learning. Wir haben es im Rahmen eines künstlerischen Workshops zur Steuerung eines mit Scratch programmierten Pong eingesetzt. Die leichte Zugänglichkeit für Laien machen das MaKey MaKey zu einem lustigen Einstiegsprojekt, wobei der Kreativität bei der Interface Gestaltung keine Grenzen gesetzt sind.
http://scratch.mit.edu/ (kostenlose Kinderprogrammiersprache)

NIBObee – ein Roboterbausatz, entwickelt in Deutschland für den Einsatz in Schulen
Der NIBObee Robotebausatz besteht aus 14 Platinen und rund 80 Bauteilen, basiert wie der Pentabug auf einem Atmel AVR-Mikrocontroller. Der NIBObee wird als speziell für Schüler entwickelt von der deutschen Firma nicai systems angeboten. Programmiert werden kann in den gängigen Programmiersprachen C, C++, Java und Assembler. Der NIBObee kann sich mittels Sensoren frei im Raum bewegen, einer Linie folgen, etc. Der Bausatz wird im Rahmen der Initiative “Jeder kann programmieren” von der Bundesregierung beworben.
nibobee
Claudia hatte den Bausatz mit gebracht, den sie auch mit Hilfe in mehreren Sessions noch nicht fertig stellen konnte. Das Löten eines so komplexen Roboters inklusive des immer einzuberechnenden Debugging ist im Klassenverband von 25 bis 30 Schüler*innen meiner Einschätzung eine nicht zu bewältigende Maßnahme. Die angebotenen Programmiersprachen sind höherer Natur und erfordern für ein Grundverständnis eine mehrmonatige Einarbeitungszeit. Meinerseits habe ich noch nicht mit NIBObees gearbeitet und konnte im Internet noch keine Dokumentationen über deren Einsatz im Bildungskontext finden.
(Preis: rund 55,- Euro)
Zur Veranstaltung “DIY Roboter-Selbstbausätze”
Wie erwähnt, zeigten wir die Verschiedenen Roboterbausätze und führten sie den anwesenden Medien- und Museumspädagog*innen und Kindern vor. Den NIBObee präsentierten wir als Lötstation, die anderen führten wir als fertig gebaute Roboter vor.
Die Kinder spielten mit dem Pentabug, probierten sich abwechselnd an der Lötstation des NIBObees. Am Pi2Go aufgesetzte Raspberry Pi gab meine zehnjährige Tochter auch einen Einblick in die Kinderprogrammiersprache Scratch.
Während der Veranstaltung war auffallend, dass spielerischen Entdecken und Ausprobieren für die Kinder an erster Stelle ihres Interesses stand. Unvoreingenommen nahmen sie den Lötkolben in die Hand und brachten den Aufbau des NIBObees ein Stück weiter. Das Interesse der anwesenden Medienpägagog*innen zielte mehr auf effizientes und ansprechende Projektergebnisse als auf ein Einlassen auf den zu Grunde liegenden Lernprozess, so wurde das Löten als langwierig und anstrengend bezeichnet. Meine Tochter war erstaunt über Rückfragen, die auf ein mangelndes Grundverständnis zur Sache schließen ließen.
Es stellt sich immer wieder die Frage, insbesondere für Medienpägag*innen, welche Rolle Technikbildung in der Medienpädagogik spielen sollte. Auch bei dieser Veranstaltung wurde wieder deutlich, dass die Medienkompetenz im Allgemeinen unabhängig von einer Technik-Grundbildung betrachtet und behandelt wird. Das mag wohl dadurch begründet sein, dass es den Medienpägag*innen selbst an einer solchen mangelt. Technische Grundkenntnis, also ein Verstehen wie die Technik intern funktioniert, ist durch die zunehmende Digitalisierung schwieriger zugänglich geworden, das Abläufe nicht mehr wie im mechanischen Bereich beobachtet werden können. Während in den 1980ern ein Kassettenrecorder noch auseinander genommen werden konnte, bleibt der mp3-Player eine Blackbox, die auf Knopfdruck irgendwie funktionert. Umgang mit der Bedienung von digitalen Konsumgeräten hat im Grunde den Abstand zu einem grundsätzlichen Verstehen von Prozessen, die diese magischen Touch-Wundergeräte zum Laufen bringen, noch vergrößert. An dieser Stelle wünschen wir uns von Bildung und Pädagogik mehr Mut und spielerisches Interesse, sich ein zu lassen und Freude zu haben, gerade mit Elektronik und Technik.
Die Bundesregierung täte Gutes, wenn sie sich die didaktischen Technik-Konzepte, die sie bewirbt, kritisch und praktisch in Klassenzimmern unter realen Bedingungen prüfen würde.


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